Großen Andrang aber auch viel Protest hagelte es bei der Eröffnung der 13. deutschen Filiale von Primark am gestrigen Donnerstag, den 3. Juli 2014.
Hübsch zentral, direkt am Alexanderplatz gelegen, will der irische Spezialist für Billigklamotten hier auf über 5.000 Quadratmetern seine Ware verkaufen – auch gegen den Willen vieler Demonstranten, die bereits lange vor Türöffnung ihren Unmut lautstark kundtaten. Einige hundert Aktivisten waren zusammengekommen, um unter dem Motto „Fast Fashion ist untragbar“ für faire Arbeitsbedingungen und gegen die Ausbeutung der Näher und Näherinnen in Billiglohnländern zu demonstrieren.
Die Eröffnung der 2. Berliner Filiale war die erste nach den jüngst bekannt gewordenen Hilferufen, die eingenäht in Primark-Textilien gefunden worden waren. „Forced to work exhausting hours“ oder „Degrading working conditions“ war hier unter anderem zu lesen; als Urheber werden ausgebeutete Arbeiter von Primark vermutet. Denn gefertigt wird die zum Teil spottbillige Kleidung ausschießlich in Ländern, wo sich weder um ausreichende Sozial- und Umweltstandards, geschweige denn um faire Bezahlung gekümmert wird. Einer der eingenähten Nachrichten, die eine Primark-Kundin in Nord-Irland gefunden hatte, war sogar ein Gefangenenausweis aus einem chinesischen Gefangenenlager beigefügt worden.
Primark hatte die Zettel zwar erstaunlich schnell für Fälschungen erklärt – aber die Öffentlichkeit war ohnehin schon sensibilisiert. Spätestens seit dem Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes in Bangladesh, bei dem mehr als 1.100 Menschen starben, die unter anderem auch für den irischen Filialisten gefertigt hatten, ist auch dem Durchschnitts-Konsumenten klar, dass das Prinzip „schneller, bunter, billiger“ auf dem Rücken Schwächerer ausgetragen wird.
Da helfe es auch nichts, wenn Primark in einen Fonds zur Entschädigung der Opfer einzahle, findet Berndt Hinzmann von Ikota, einer entwicklungspolitischen Organisation mit Sitz in Berlin. „Unternehmen wie Primark müssen für Transparenz sorgen und die Verbraucher aufklären“, fordert er. „Und wenn sie das wegen ihrer zahlreichen Zwischenhändler nicht können, müssen sie ihr Business-Konzept ändern.“
Neben Inkota hatte aus Anlass der Store-Eröffnung auch die Kampagne für Saubere Kleidung, der BUNDjugend sowie Germanwatch zu Protesten aufgerufen. Die Manager des Textil-Discounters sowie der irische Premierminister Enda Kenny, der extra aus Dublin angereist angereist war, konnten sich daher nicht an der geplanten feierlichen Atmosphäre erfreuen, sondern mussten sich einige kritische Fragen gefallen lassen. Der Vorwurf, Wegwerfkleidung zu produzieren, perlte aber sowohl an Primark-Deutschland-Chef Wolfgang Krogmann als auch an Vorstandsmitglied Breege O’Donoghue ab. Man gönne sich eben einen niedrigeren Aufschlag auf die Kalkulation, war das Hauptargument und zum Glück habe sich die Negativ-PR der letzten Wochen nicht auf die Umsätze ausgewirkt. Noch nicht!
Allein in Deutschland will Primark in den kommenden zwölf Monaten übrigens acht weitere Filialen eröffnen. Als nächstes soll im Oktober ein Store im Einkaufszentrum Milaneo an die Reihe kommen, mitten im Herzen Stuttgarts. Hier wohnen bekanntermaßen Deuschlands energischste Wutbürger. Wir sind gespannt!
TV-Doku: „Mode zum Wegwerfen – das Primark-Prinzip“
Foto: Duncan