Zalando pusht Bread & Butter

Peppig sieht’s aus, das neue Logo der Bread & Butter – erinnert aber auch irgendwie an Ilja Richters ZDF-Disco aus den 70er Jahren. Naja, das bedeutete seinerzeit zumindest Party pur.
Vom 2. bis 4. September 2016 soll also die Bread & Butter by Zalando in der Arena Berlin stattfinden und als besonderes Bonbon soll jeder, also wirklich j-e-d-e-r Zutritt haben. Nicht nur Einkäufer, Pressevertreter & Co, sondern auch Lieschen Müller oder Paule vom Prenzlauer Berg. “Wir glauben an die Zukunft Berlins als Modestandort. Mit diesem starken und publikumsorientierten Eventkonzept haben wir etwas Neues und Inspirierendes für Berlin und die Modebranche entwickelt“, findet Zalando-Vorstandsmitglied David Schneider. Die Bread & Butter sei die perfekte Plattform, um Kunde und Marke noch näher zusammenzubringen. Carsten Hendrich, Marketingspezialist bei Zalando, wird genauer: “Produkte werden sofort erhältlich sein und Gäste können alle Eindrücke sofort in ihren sozialen Netzwerken teilen!

Im Klartext: Knallharter Kommerz, viel Fast Fashion und als billige PR-Maschinerie werden leicht käufliche Fashionblogger “engagiert”. Will die neue Bread & Butter by Zalando also vor allem schnelles Geld verdienen? Mit billigen T-Shirts – bei Zalando übrigens gerade für 5,95€ im Angebot – und einer deftigen Prise Primark-Attitude?
Kann’s das wirklich sein? Fakt ist, digitale Vernetzung, erlebbare Inszenierungen, Verbindung zwischen Mode, Kultur und Entertainment aufzeigen – alles innerhalb der nächsten Bread & Butter geplant – ist wichtig und entspricht dem Zeitgeist. Aber das Argument, man wolle dem elitären Gehabe der wenigen Erlauchten, die ansonsten Zutritt zu Modemessen haben, etwas entgegensetzen, ist ja wohl ein Witz. Denn dank Livestreams können wir die tollen Shows bereits seit Jahren daheim vom Sofa aus verfolgen und dank World Wide Web sind wir auch newsmäßig permanent auf dem Laufenden. Unzählige Blogger haben zudem trotz null Modewissen längst die Frontrows erobert und uns klargemacht: Mode ist schon lange nicht mehr der Haute Volée der Branchenkenner vorbehalten. Jeder, der einen Kleiderschrank besitzt, will und soll auch gerne mitreden. Dass Fachleute, die sich tatsächlich von Berufs wegen mit der Mode-Materie beschäftigen, davon leicht genervt sind, sei aber auch erlaubt.

Wie soll die neue Bread & Butter also aussehen? Üblicherweise werden hier Kollektionen auf Kleiderständern präsentiert, die erst zwei Saisons später in die Läden kommen. Klassischerweise haben die Brands also ihre Styles zu diesem Zeitpunkt nicht schon von Größe XS bis XXL und in allen Farben im Lager hängen. Will man ja auch nicht, denn erst muss ja sorgsam geordert werden und erst dann geht’s in die Produktion.
Wenn die Hosen, Shirts und Jacken aber bereits, wie Carsten Hendrich von Zalando verspricht, sofort erhältlich sein sollen, dann ist das ohne billige Massenproduktion nicht möglich. Entweder liegen die Plünnen also bereits in riesigen Lagern bereit und landen, falls die gierige Modemeute wider Erwarten doch nicht auf neongelbe Overalls steht, im Schredder – oder die Fast Fashion-Lokomotive wird angeworfen und in Bangladesh oder China müssen dann zackzack ein paar Nachtschichten eingeschoben werden. Denn eins ist ja wohl klar: Wirkliche Qualität und Liebe zum Produkt sieht anders aus und soll hier wohl auch nicht an den Mann oder die Frau gebracht werden. Labels, die dafür stehen – also die wirklich Coolen – werden sich daher nicht in der Arena Berlin tummeln.

Bleibt die Frage, was eigentlich Bread & Butter-Pionier Karl-Heinz Müller zu dem Ganzen sagt? Ein Mann mit Visionen, der in der Tat gern mal aneckt aber dabei immer authentisch geblieben ist. Ein Macher, der die Idee, seine Messe einem breiteren Publikum zu öffnen, schon selber hatte, sie aber verwarf, nachdem sich herausstellte, dass die meisten angesagten Brands keine Lust auf Gedränge und Gegrabsche auf ihren Ständen hatten. Noch hat sich Müller nicht zu Wort gemeldet; die Homepage der Bread & Butter soll aber im Laufe der nächsten Zeit weitere Details enthüllen.
Um es final auf den Punkt zu bringen: Modemessen sind Inspirationsquelle, in erster Linie will man allerdings seinem Business nachgehen und wichtige Kontakte knüpfen. Wer beruflich regelmäßig hier unterwegs ist, weiß, dass das Ganze halb so aufregend ist, wie sich modebegeisterte Teenager das womöglich vorstellen. Weder werden tütenweise coole Klamotten verschenkt, noch gibt’s bereits am Eingang eine Prise Koks oder gar heißen Sex mit Justin O’Shea. Der hat nämlich vom 2. bis 4. September bestimmt Besseres zu tun.

Text: Gerlind Hector
Foto: Bread & Butter by Zalando